Psychosoziale Förderung bei Erziehungsschwierigkeiten
Das heilpädagogische Voltigieren findet in einer Gruppe von 4-6 Kindern statt. (Einzelmaßnahmen können vorübergehend sinnvoll sein). Die Kinder werden zu vielseitiger Beschäftigung mit und auf dem Pferd angeleitet.

Was die pädagogisch-therapeutische Arbeit mit dem Pferd so wirkungsvoll macht, ist die hohe Motivation der Kinder. Diese scheint mit dem starken Interesse am Lebendigen, an Tieren begründet zu sein.
Dazu kommt, dass vor allem verhaltensauffällige Kinder oft schon viele schlechte Vorerfahrungen mit Menschen gemacht haben und durch ihr Verhallten auch immer wieder anecken. Im Umgang mit Pferden können sie sich für neue Erfahrungen öffnen. Sie können leichter vertrauen und werden vom Pferd vorurteilsfrei angenommen.

Der Reitpädagoge, der als Vermittler und "Übersetzer" zwischen Pferd und Kind fungiert, findet über das Pferd leichter Zugang zu den Kindern, die mit der Zeit lernen können, die positiven Erfahrungen auf andere Bereiche zu übertragen.

Einen Schwerpunkt der Arbeit biete das Voltigieren, bei dem die Kinder einzeln, zu zweit oder zu dritt auf dem Pferd gymnastische, turnerische Übungen durchführen. Dabei haben sie die Möglichkeit, viele Erfahrungen mit dem Pferd, dem Pädagogen und den anderen Kindern zu machen: Sie lernen, mit Angst umzugehen. Jede neue Übung, oft schon das Aufsteigen auf das Pferd, ist zunächst mit Angst besetzt. Kann der Pädagoge Angst als etwas Selbstverständliches in die Gruppe einführen, ist es für die Kinder einfacher, ihre Angst zu akzeptieren und schrittweise zu überwinden.

Kindern, denen eine realistische Selbsteinschätzung fehlt, können durch schwierige Übungen und Erfahrungen zu einer gesunden Angst finden, die sie schützt. Aber auch sehr vorsichtige Kinder, die sich weniger zutrauen, können durch kleine Schritte zu Erfolgserlebnissen kommen und erfahren, dass sie mehr leisten können, als sie dachten, und so mehr Selbstbewusstsein aufbauen. Solche Erfolgserlebnisse, aber auch die positive Beziehung zum Pferd, verhelfen dem verunsicherten, oft frustrierten Kind zum Aufbau von Selbstwertgefühl.

Durch die hohe Motivation sind die Kinder eher als bei anderen Tätigkeiten in der Lage, sich zu konzentrieren. Ihre Konzentrationsfähigkeit kann so trainiert und erweitert werden.

Beim Umgang mit dem Pferd, beim Führen des Pferdes, und erst recht beim Sitzen auf dem Pferd, im Schritt, im Trap und im Galopp, muss sich das Kind in das Tier einfühlen, sich seinem Rhythmus, seiner Bewegung anpassen. Es lernt das arteigene Verhalten des Tieres kennen und es lernt, darauf angemessen zu reagieren.

Bei Übungen zu zweit oder zu dritt auf dem Pferd lernt das Kind zusätzlich, sich auf den Partner einzustellen, und hat hier eine breite Palette von sozialen Lernmöglichkeiten, wie Einfühlen in den anderen, Kooperation, angemessener Umgang mit Aggressionen und Antipathien, Helfen und Sichhelfenlassen, Rücksichtnahme, eigene Grenzen erfahren und respektieren der Grenzen des anderen.

Diese Möglichkeiten werden bei anderen Beschäftigungen mit dem Pferd noch erweitert: Bei Beobachtungen des arteigenen Verhaltens der Pferde in der Herde, auf der Weide und im Auslauf, lernen die Kinder von den Pferden als Modell. Bei pflegerischen Tätigkeiten, wie Putzen, Misten und Führen der Tiere, übernehmen sie Mitverantwortung; die Kinder erfahren den Ausgleich von Geben und Nehmen.

Durch angeleitete Bodenarbeit mit den Pferden werden die Kinder selbst zu Lehrern, die das Pferd an Aufgaben heranführen. Dabei können sie zum Beispiel erleben, dass selbst so große Tiere beim Gehen über eine Plastikplane Angst haben, und sie können den Pferden helfen, sie zu überwinden. Auch Pferde brauchen für die Bewältigung von Aufgaben Konzentration und Selbstdisziplin. Während die Kinder sie dazu anleiten, lernen Pferde und Kinder gleichzeitig.